Als erster Vorsitzender des Vereins Dachauer Moos hatte ich am 11. Oktober die Gelegenheit, bei der Veranstaltung LOS DAMA im Campus Weihenstephan einen Vortrag zu halten.
Dies war die Abschlussveranstaltung des LOS_DAMA! — Projektes im Rahmen des 12. Weihenstephaner Forums für Landschaftsarchitektur und Landschaftsplanung, inhaltlich vom TUM-Lehrstuhl für Strategie und Management der Landschaftsentwicklung ausgerichtet.
“Stadtnahe „Alltags“-Landschaften haben wichtige soziale und ökologische Funktionen für die Städte des Alpenraums. Gleichzeitig sind die vielfältigen Anforderungen zahlreicher Interessengruppen in politisch fragmentierten Stadtregionen in Einklang zu bringen. “Grüne Infrastruktur” ist ein vielversprechender Planungsansatz für die Entwicklung multifunktionaler grüner Netzwerke, die unterschiedliche politische Ziele, etwa die Stärkung von gesellschaftlichem Zusammenhalt und der Biodiversität gleichzeitig erreichen. Das europäische Projekt LOS_DAMA! hat unterschiedliche Ansätze für die Entwicklung der “Grünen Infrastruktur” durch interkommunale Zusammenarbeit mit verschiedenen Interessensgruppen entwickelt und erprobt. Das Weihenstephaner Forum bietet die Gelegenheit zum Abschluss des Projektes LOS_DAMA! die Potenziale der Landschaftsentwicklung als verbindendes Medium von Stadt und Land auf europäischer und lokaler Ebene sowie von Wissenschaft und Praxis in Vorträgen und Diskussion näher zu beleuchten. ” Quelle
Landschaft in der Politik – „Zu was soll das führen“
Es freut mich sehr, hier als Bürgermeister und Vorsitzender des interkommunalen Vereins Dachauer Moos vor diesem wissenschaftlichen Publikum sprechen zu können. Dieser Dialog und Austausch zwischen Wissenschaft, Forschung und uns Kommunalpolitikern ist unverzichtbar, wenn es um praxisnahe Modelle der Landschaftsplanung und –entwicklung geht. Gerade im Bereich des Klimaschutzes rücken die Niedermoore zunehmend in den Blickpunkt der Öffentlichkeit. Wenn unsere Landwirte einen Beitrag zum Moorschutz leisten sollen, dann sind sie auf ökonomisch und ökologisch sinnvolle Alternativen zur derzeitigen Landnutzung angewiesen. Dazu müssen Politik und Wissenschaft ihren Beitrag leisten.
Die Landschaft ist ein unverzichtbarer Teil einer ländlichen Kommune. Gerade bei uns vor den Toren der Landeshauptstadt ist die Grüne Infrastruktur unbestritten ein „weicher Standortfaktor“. Unsere Bürger wollen ortsnah spazieren gehen, joggen und Fahrradfahren. Das ist die Lebensqualität die wir unbedingt für unsere Bürger erhalten und entwickeln wollen. Ganz aktuell hat das Volksbegehren gezeigt, dass auch die ländliche Bevölkerung sehr sensibel geworden ist, was den Verlust von Lebensräumen und Artenvielfalt und somit den Landschaftsschwund angeht.
Doch nicht nur Straßen enden nicht vor kommunalen Grenzen, sondern auch die Natur ist grenzübergreifend. Das beste Beispiel hierfür ist das FFH-Gebiet „Gräben und Niedermoorreste im Dachauer Moos“, das sich quer durch unseren Landschaftsraum zieht. Wenn wir Landschaft und Lebensräume sichern und entwickeln wollen, dann muss die Politik großräumiger und nicht, einzelflächenbezogen denken, was leider meistens der Fall ist.
Doch das berühmt-berüchtigte „Kirchturmdenken“ bremst häufig die erforderliche gebietsübergreifende Landschaftsentwicklung und auch andere Synergien im Natur- und Artenschutz aus. Aber ohne eine interkommunale Zusammenarbeit gibt es keine geordnete Entwicklung. Weder bei der Grauen, noch bei der Grünen Infrastruktur.
Im Landschaftsraum Dachauer Moos gibt es 2 Landkreise, die LH München, 2 Städte und 6 Gemeinden. Dazu kommen viele weitere Akteure, wie kommunale Verwaltungen, Fachstellen an den Ämtern, ein Landschaftspflegeverband, verschiedene Naturschutzverbände auf Kreis- und Ortsebene sowie natürlich Landwirte, Jäger, Fischer und Erholungssuchende.
Landschaft in der Politik muss demnach zum gemeinsamen und abgestimmten Handeln auf interkommunaler Ebene führen.
Also zu einer Institution, die als Klammer zwischen den verschiedenen Kommunen dient und eine naturverträgliche Landschaftsentwicklung organisiert und koordiniert.
Damit meine ich keinen allumfassenden „Wasserkopf“ also kein Verband für den gesamten Großraum München – der wäre sicher nicht effektiv — sondern eine landschaftsraumbezogene Institution. Denn Landschaft ist identitätsstiftend.
Gerade im Münchner Norden und Westen gibt es die bewährte Tradition der Landschaftsvereine, wie den Heideflächenverein und unseren Verein Dachauer Moos.
Ein Landschaftsverein hat den Vorteil einer „überschaubaren“ Einheit. Er ist nicht nur sehr nahe an der Kommunalpolitik, sondern auch nahe bei den Verwaltungen und am Bürger. Es gibt einen Ansprechpartner für Alle. Insbesondere auch für Landwirte, also die Grundeigentümern in deren Eigentum die Landschaft ist. Nur so kann sich ein langfristiger Dialog und ein Vertrauensverhältnis entwickeln, was insbesondere Maßnahmen im Bereich Natur‑, Arten- und Klimaschutz sehr erleichtert.
Eigentlich sollte so ein Landschaftsverein oder –verband selbstverständlich sein. Aber in vielen Räumen des Münchner Umlands ist keine Institution vorgesehen, die Maßnahmen zur Landschaftsentwicklung bündelt, initiiert, organisiert und koordiniert.
Unsere Kommunen haben das schon vor 24 Jahren erkannt und den Verein Dachauer Moos gegründet. Landkreise, Städte und Gemeinden sind Mitglieder und unterstützen den gemeinnützigen Verein mit stetig steigendem finanziellem und politischem Ausmaß. Denn mit einer halben Personalstelle können die immer vielfältigeren Aufgaben nicht bewältigt werden.
Oft gibt es da Missverständnisse: Der VDM ist kein Naturschutzverband, auch kein Träger öffentlicher Belange oder ein Landschaftspflegeverband, ist aber dennoch im Bereich Natur und Umwelt im Landschaftsraum Dachauer Moos sehr aktiv:
Er kümmert sich um die Erhaltung und Entwicklung unseres gemeinsamen Naturerbes und gibt interkommunale Gutachten und Umsetzungsprojekte zum Natur‑, Arten- und Klimaschutz in Auftrag. Zusammen mit dem Landschaftspflegeverband ist er beispielsweise federführend bei dem Biodiversitätsprojekt „Neues Leben im Dachauer Moos“. Mit Förderung des Bayerischen Naturschutzfonds setzt eine interkommunale Trägergemeinschaft der Städte München und Dachau, der Gemeinde Karlsfeld und dem Bund Naturschutz in 7 Städten und Gemeinden sowie 2 Landkreisen seit mehreren Jahren Artenhilfsmaßnahmen und Biotopneuschaffungen um. Mittlerweile ist der Verein Natura 2000-Partner des Umweltministeriums.
Leider konzentriert sich die Artenvielfalt im Dachauer Moos auf nur wenige Lebensräume. Umso wichtiger ist eine naturverträgliche Erholung, Nutzung und Besucherlenkung.
Wir leben in einer Kulturlandschaft und haben im Moos ein bedeutendes Kulturerbe, wie den Dachauer Schleißheimer Kanal oder die Relikte der letzten Torfstiche. Diese Kulturlandschaftselemente gilt es zu bewahren und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Unser Geschäftsführer Herr Rossa hält den Kontakt zu den Landnutzern. Durch einen Dialog auf Augenhöhe sowie Wissenstransfer werden die Landwirte für die Belange des Lebensraum- und Artenschutzes sensibilisiert. Gerade diese Vermittlung und Kooperation zwischen Politik, Verwaltungen, Behörden, Planern, Bürgern und Grundeigentümern ist der Schlüssel für eine erfolgreiche Landschaftsentwicklung.
Wir stellen zunehmend fest, dass sich die urbanisierte Bevölkerung von Natur- und Landschaft sowie der Landwirtschaft immer mehr entfremdet. Deshalb bekommen Naturpädagogik und Umweltbildung in der Vereinsarbeit einen stetig wachsenden Stellenwert. Zu den Projekttagen in unserem Umwelthaus am Obergrashof kommen jährlich über 1.000 Kinder‑, Jugendliche und Erwachsene zu Besuch. Die Tendenz ist steigend, weshalb wir auch in Kürze eine neue Umweltbildungsstätte eröffnen.
Der Verein informiert die Kommunen, deren politische Gremien und Verwaltungen und unterstützt diese fachlich. Hierzu werden Informationsveranstaltungen und –fahrten organisiert. Und nicht zuletzt ist der Verein Projektpartner für interkommunale Vorhaben, wie z.B. das LOS_DAMA!-Projekt der LHM.
Der Verein Dachauer Moos ist mittlerweile eine Erfolgsgeschichte und wird beispielsweise von der Regierung als Vorbild für andere Gebiete und Kommunen der Münchner Metropolregion (Anm.: Münchner Osten) genannt. Denn nur gemeinsam kann die Landschaft nachhaltig im Sinne von Natur und Umwelt gesichert und entwickelt werden.